Der Widerstand der Burmesen war bald darauf gebrochen und zurück blieb ein schreckliches Bild der Zerstörung. Berge von toten Soldaten mit laut und verzweifelt um Hilfe schreienden Verletzten. Der Sand unter ihnen war vom Blut getränkt. Gong konnte die kleine Schar der mitkämpfenden Karen nicht aufhalten, welche seinen Befehl missachteten und sich voller Hass auf die Überlebenden stürzten.
Innerhalb weniger Minuten sorgten sie dafür, dass der Truppenarzt an diesem Platz keine Arbeit mehr vorfinden würde. Sie erschossen, erschlugen oder erstachen die verletzten Überlebenden und ihr rasender Hass liess erst nach, als auf dem Schlachtfeld kein feindliches Lebenslicht mehr zu finden war. Der Kampf auf dem Kasernenhof war beendet.
Mehr Widerstand erfuhren die Angreifer von den Stellungen, welche auch während des Appells besetzt gewesen waren. Diese wehrten sich erbittert und es bedurfte mehrerer Anläufe sowie die Unterstützung der leichten Artillerie, bis sie endlich gestürmt werden konnten. Keine zwei Stunden nach dem ersten Schuss war es bereits wieder gespenstisch still.
Die Bilanz war auch für abgebrühte Herzen infernalisch. Alleine auf dem Appellplatz wurden 126 tote burmesische Soldaten gezählt. Dreissig weitere wurden aus den Stellungen gemeldet. Gong überblickte mit einem Schaudern, aber äusserlich mit unbewegter Miene das Schlachtfeld des Todes. In seinen Augen lag trotz des überwältigenden Sieges ein Anflug von tiefer Traurigkeit. Trotzdem bemühte er sich um eine kräftige Stimme, er erteilte sofort neue Befehle und instruierte die Einsatzleiter.
„Wir müssen hier so schnell wie möglich verschwinden, bevor alarmierte Truppen der Burmesen auftauchen. Ich werde mit einer Gruppe hier bleiben, bis die ganze verdammte Drogenfabrik in die Luft gesprengt ist“, fügte er mit grimmiger Miene an. „Das Sprengkommando wird in wenigen Minuten hier eintreffen“, meldete einer der Einsatzleiter zerknirscht. Das war bis jetzt die einzige Panne bei diesem Einsatz. Das Sprengkommando hatte sich verfahren und traf nun verspätet ein.
Wenige Meter hinter dem Sprengkommando fuhr ein weiteres Fahrzeug. Darin sass Susan, welche immer wieder fieberhaft auf das Empfangsgerät neben sich auf dem Beifahrersitz schaute. Frank war ausser sich, als er plötzlich den Jeep mit Susan hinter dem Sprengwagen an sich vorbeifahren sah. „Diese blöde Gans“, rief er, tobte unbeherrscht herum und hoffte dennoch insbrünstig, dass ihr nichts passieren würde. Als er nach seinem Anfall versuchte, ihr nachzufahren, wurde er ruhig aber resolut von Dietrich zurückgehalten.
Susan schwitzte vor Aufregung, als der Nachrichtensoldat ihnen übersetzte, dass Klaus die Angriffslinie durchbrochen hatte und vom Gefecht weg ins Hinterland rannte. Gespannt und verstohlen betrachtete sie das mobile Gerät, welches den Empfang des GPS Signals von Klaus aufzeichnete. Schon vor einigen Stunden hatte sie sich vom Nachrichtensoldaten das Gerät erklären lassen. Nicht ohne Stolz hatte er ihr all die Knöpfe und Funktionen erklärt und sie sogar selber einige davon ausprobieren lassen. Susan hatte sich vor allem gemerkt, wie man mit der Kiste ein so genanntes Projekt erstellen kann. Es war möglich, die Signale des Funkgerätes von Klaus mit ihrer Position zu verknüpfen. So zeigte ihr das Gerät genau an, wie weit und in welcher Richtung sie von Klaus entfernt war. Das Signal von Klaus bewegte sich.
„Er hat das Funkgerät bei sich“, dachte Susan. In einem unbemerkten Augenblick krallte sie sich das GPS -Gerät, einen der Schlüssel für die Jeeps und fuhr ungeachtet der Zurufe von Frank und Dietrich hinter dem Sprengkommando über die Grenze nach Burma hinein. Sie wusste, dass sie nie in ihrem Leben Frieden finden würde, wenn sie sich nicht jetzt und hier Gewissheit verschaffte. „Was wissen Frank und Dietrich schon von den Gefühlen einer kranken Frauenseele“, dachte sie verbittert. Sie musste Klaus finden. Unabhängig von den Konsequenzen.
,Ich kriege meine Gefühlswelt erst wieder in den Griff, wenn ich ihm Auge in Auge gegenübergestanden habe‘, war sie sich sicher. ,Ob ihr Männer das nun als typisch irrational weiblich oder auch nur Gefühlsduselei nennt, ist mir schnurzegal‘, erklärte sie in trotzigen Selbstgesprächen. Sie versuchte in Gedanken, die Aktion vor den Männern im Lager und fast noch mehr vor sich selber zu rechtfertigen. Neben den Geräten hatte sie auch die Pistole des Nachrichtensoldaten mitgehen lassen, welche er der Einfachheit halber aufs Pult gelegt hatte. Das gefüllte Magazin lag gleich daneben und mit einem kurzen Handgriff war Beides unbemerkt in ihrer Handtasche verschwunden.
Als der Wagen des Sprengkommandos nach rechts abbog, zeigte ihr ein Blick auf das Display, dass Klaus sich eher auf die linke Seite durchzuschlagen versuchte. Sie fuhr, nun auf sich alleine gestellt, auf der Strasse weiter, um Klaus zu begegnen. Nervös und bleich, aber mit einem wild entschlossenem Blick.
Klaus unterbrach seine von panischer Angst erfüllte Flucht erst, als es ihm schwarz vor den Augen wurde und er ohne Vorwarnung hinfiel. Schwer atmend blieb er einige Minuten liegen und horchte in die nahende Dunkelheit hinein. Als er merkte, dass ihm keine Verfolger auf der Spur waren, beruhigte er sich etwas und die Panik fiel langsam von ihm ab.
Mühsam und noch immer ausser Atem richtete er sich auf und nahm das erste Mal seit seiner Flucht wieder bewusst die Umwelt um sich wahr. Der kleine Weg, auf dem er wie von Sinnen entlang gerannt war, führte schnurgerade weiter. Er war umsäumt von dichtem Dschungel. Bambushaine vermischt mit Palmen und dichtem Gestrüpp. Riesige Bäume ragten in den sich langsam rosarot verfärbenden Abendhimmel hinauf.
Der Dschungel wurde hier durch unzählige Kletterpflanzen verdichtet, so dass ein Eindringen ohne Machete nicht möglich war und ohne Proviant und Ortskenntnisse den absehbaren Tod bedeutete. Hier und da krächzte ein Vogel, der bei seiner Suche nach einem Nachtlager gestört wurde. Die Grillen und Zikaden wetteiferten lautstark miteinander. Klaus, dem der Schweiss in die Augen gelaufen war, nahm die ganze Umgebung nur noch trüb wahr. Langsam wurde sein Atem wieder normal und auch die Gedanken wurden wieder klarer. Aber sie zeichneten ihm gar kein positives Bild von seiner augenblicklichen Situation.
Der erste Hoffnungsschimmer keimte in ihm auf. ,Das waren mit Sicherheit Soldaten der Karen und eine rein burmesische Angelegenheit. Niemand in Mae Sot weiss, dass ich in Burma war‘, versuchte er, sich Mut zu machen. Ein noch etwas unbeholfenes Grinsen zeichnete sich auf den müden, gehetzten Gesichtszügen ab. ,Wahrscheinlich habe ich in Kürze einen neuen Chef in Burma.
Der gute Oberst ist so stramm umgefallen, wie wenn er einen Stock gefressen hätte‘, erinnerte er sich ohne Bedauern. ,Das war ein Kampf um das Drogenlabor. Marktanteile, Exportmärkte, Produktionsstandort, Konkurrenzkampf. Wie im echten Wirtschaftsleben auch. Nur mit etwas härteren Bandagen‘, war er sich nun ganz sicher. Die Hoffnung wurde zur Gewissheit und er ertappte sich dabei, wie er bereits wieder anfing, Pläne zu schmieden.
,Mein Angebot mit dem Export nach Europa ist auch für die neuen Besitzer des Labors interessant. Die Regierung und vor allen Dingen die Militärs brauchen Geld. Vielleicht sogar zu noch besseren Konditionen als unter dem strammen Obersten. Schlussendlich geht es ums Geschäft und um nichts sonst‘, sprach er laut zu sich. ,Ich bin schon fast wieder der alte Klaus‘, stellte er erleichtert fest. Er schaute prüfend auf den kleinen Weg, welcher vor ihm lag. ,Der Weg ist sauber und völlig frei von Unkraut. Also wird er auch häufig gebraucht. Es ist eine Frage der Zeit, bis er zu einem Dorf führt. Vielleicht schaffe ich es sogar dahin, bevor es ganz dunkel ist‘, ermutigte er sich und trabte dann los.
Der aufsteigenden Müdigkeit gewährte er keinen Platz in seinem Denken. Nach gut einer halben Stunde in leichtem Trab sah er die ersten, mit grossen getrockneten Blättern abgedichteten Dächer. Ein Gefühl des Triumphs stieg in ihm hoch und er verlangsamte seinen Schritt. Das Dorf schien recht gross zu sein und Klaus sah auf den ersten Blick etwa vierzig Häuser, welche eng aneinander gebaut waren.
Der Bau war typisch für diese Gegend und deutete darauf hin, dass es sich um eine Siedlung der Karen handelte. Die Häuser waren auf Stelzen gebaut und unter dem Haus tummelten sich Hunde, Hühner sowie Enten und einige kleine schwarze Schweine grunzten zufrieden aus den engen Holzverschlägen, in welche man sie für die Nacht eingesperrt hatte.
Vor dem Eingang zu den Schlafräumen der Hütte sassen Menschen und bereiteten sich laut scherzend und lachend auf die bevorstehende Nachtruhe vor. Während die Frauen noch allerlei kleinere und grössere Aufgaben zu erledigen hatten, sassen die Männer in kleinen Gruppen zusammen und rauchten ihre langen burmesischen Zigaretten. Als Klaus den grossen Holzbogen vor dem Dorfeingang durchschritt, verstummte das Lachen sofort und der Fremde wurde mit misstrauischen Augen angestarrt. Die kleinen Kinder, welche noch nie einen Weissen gesehen hatten, schmiegten sich eng an ihre Mütter oder eine grössere Schwester. Mit grossen, unsicheren Augen schauten sie verstohlen und neugierig auf den fremden weissen Mann. Noch immer nicht sicher, ob nun die Neugier oder die Angst siegen würde.
Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer im Dorf und nach wenigen Sekunden tauchten die ersten Männer auf. In der Hand hielten sie ihre grossen Buschmesser und mit ihren schwarzen, feurigen Augen schossen sie misstrauische Blicke. Klaus lächelte sie an, zeigte seine leeren Handflächen und versuchte auf burmesisch einen freundlichen Satz zusammen zu kriegen. „Guten Tag. Ich heisse Klaus. Ich weiss nicht, wo ich bin“, und hoffte, dass sie ihn verstehen.
Einer der jungen Männer prustete los und äffte sein Burmesisch nach. Die anderen stimmten in das Lachen ein und das Eis schien gebrochen. Erleichtert streckte Klaus dem jungen Mann seine Hand entgegen. „Danke!“, sagte er, als dieser seine Hand mit einem süffisanten Lachen annahm und dabei sein Danke nachäffte. Weitere Worte kamen Klaus in den Sinn. „Hunger, Wasser, schlafen“, sprach er und bemühte sich, die Worte richtig auszusprechen. Der junge Mann nickte. Er hatte verstanden und sich wichtig in Pose werfend, erklärte er den anderen Männern, was der Fremde wolle. Klaus nickte heftig, obwohl er kein Wort verstand.
„Morgen gehen“, sagte er und zeigte mit dem Finger auf sich. Jetzt war allen klar, was er wollte. Die Männer beratschlagten einige Zeit, wo sie den Fremden unterbringen konnten. „Er soll in einer der leeren Hütte schlafen, welche für unsere Verwandten reserviert ist, wenn sie auf der Flucht vor den Burmesen sind“, meinte einer der älteren Männer.
Diesem Vorschlag wurde nickend beigestimmt und die Männer bedeuteten Klaus, ihnen zu folgen. Vor einem Haus blieben sie stehen und der ältere Mann rief barsch einen Befehl hinein. Sofort erschien eine jüngere, sehr hübsche Frau, hörte sich den Befehl genau an und verschwand dann wieder in der Hütte. Wenig später brachte sie einen Sarong, den traditionelle Wickelrock der Burmesen und ein Oberteil, welches sie auf die Veranda legte. Dann verschwand sie wieder in der Hütte, ohne Klaus auch nur eines Blickes gewürdigt zu haben.
Wieder im Schutze der Hütte, klebte sie, wie die anderen Mädchen auch, an einer der zahlreichen Ritzen und versuchte neugierig einen Blick auf den weissen Mann zu werfen. Klaus bedankte sich höflich und während er sich ausgiebig in einem kleinen Holzvorschlag duschte, stellte die junge Frau einen Teller mit Reis und Huhn auf die Veranda. Dankbar nickend, schlang er das Essen hinunter und mehrere Gläser Wasser dazu.
Erst dann nahm er den selbstgebrannten, klar wie Wasser aussehenden Reisschnaps an. Er brannte fürchterlich in seiner Kehle, beruhigte aber seine noch immer nervösen Nerven. Die Männer grinsten sich an, als sie sahen, wie er sein Gesicht verzog, als der starke Schnaps seine Kehle herunterrann und sich dann wohlig warm im Magen ausbreitete. Nach dem zweiten Glas winkte er ab und lächelte dabei.
Die Dusche hatte ihn zwar kurzfristig erfrischt, aber jetzt stieg eine starke Müdigkeit in ihm hoch, welcher er sich nicht mehr entziehen konnte. Er legte die Handflächen beider Hände aufeinander, legte den Kopf etwas schief und zeigte an, dass er schlafen will. Die Männer verstanden ihn sofort und wenig später schlenderten sie mit ihm zu einer kleinen eigenständigen Siedlung, welche am Dorfrand lag. Weder Klaus, noch die gastfreundlichen Dorfbewohner wussten, dass Klaus sich genau in dem Dorf befand, welches er am nächsten Tag zusammen mit den burmesischen Soldaten überfallen wollte.
Die Ironie des Schicksals hatte sich damit jedoch noch nicht erschöpft. Einige der Hütten am Dorfrand wurden zurzeit von einigen Flüchtlingsfamilien bewohnt. Eine der Frauen erstarrte, als sie Klaus sah und in ihren Augen blitzte der blanke Hass auf. „Der weisse Schlächter ist hier!“, zischte sie auf, riss sich aus der Erstarrung los und sprang schnell in die Hütte hinein.
Mit aufgeregter, von Hass belegter Stimme erzählte sie den Familienmitgliedern von der kurzen Begegnung mit Klaus. „Bist Du Dir sicher?“, fragte der ältere Bruder nach. „Nie werde ich dieses Gesicht vergessen, als er kalt lächelnd mit unserer kleinen Schwester verschwunden ist“, und bei der Erinnerung an die Ereignisse brachen die Tränen aus ihr hervor. Der Bruder runzelte die Stirn. „Vater wurde an diesem Tag erschossen und der weisse Mann hat ebenfalls gemordet.“ Er versuchte krampfhaft, das Bild seiner kleinen Schwester zu verdrängen, welche er mit offenen, ihn anklagenden, leblosen Augen angeschaut hatte.
,Warum hast Du mir nicht geholfen!‘, schien sie ihn anzuschreien. Von seinem Vater konnte er sich nicht mehr verabschieden. Nach den Erschiessungen hatte man die Körper einfach mit Benzin überschüttet und dann angezündet. Keine der Leichen ähnelte auch nur noch im entferntesten an das gutmütige und immer freundliche Gesicht seines Vaters.
Er spürte, wie eine unbändige Wut sich in ihm breitmachte und ihn zu ersticken drohte. Liebevoll nahm er seine noch immer schluchzende Schwester in den Arm und versuchte, sie zu trösten. Er gab sich keine Mühe, seine Wut zu unterdrücken und liess sie mit dem aufkommenden Gefühl der Rache verschmelzen.
„Ich werde ihn töten“, versprach er seiner Schwester mit tonloser Stimme. „Willst Du nicht zuerst mit den Männern im Dorf sprechen?“, ertönte vom Schlafplatz die müde, zittrige Stimme einer alten Frau. „Nein, Grossmutter, ich könnte den Gedanken nicht ertragen, wenn der Mörder meines Vaters aus irgendeinem Grund freigelassen wird.“ Neben der Grossmutter erhob sich langsam und mühsam eine weitere Gestalt.
Ein alter Mann, scheinbar nur noch aus Runzeln und Knochen bestehend, bewegte sich mit kleinen trippelnden Schritten auf die zwei Geschwister zu. Er legte beiden beruhigend die Hände auf die Schultern. „Lasst mich das machen. Er war mein Sohn und sie meine Enkelin. Mein Leben nähert sich sowieso dem Ende zu.“ Wortlos legte er sich die traditionelle Karentasche um die Schulter, packte sein Buschmesser und war wenig später in der Dunkelheit verschwunden.
Die alte Frau legte sich wieder hin und fing an, lautlos zu weinen. „Ein Meer von Tränen habe ich schon geweint“, und schüttelte verzweifelt den müden Kopf.
Susan war ratlos und betrachte stirnrunzelnd ein weiteres Mal das Anzeigegerät. Obwohl sie gemäss Anzeige bis drei Kilometer an Klaus herangekommen war, fand sie in der Dunkelheit keinen Weg, welcher nach links abbog. ,Verfluchte Scheisse‘, entfuhr es ihr und sie schlug wütend auf das Lenkrad. Während der letzten Stunde hatten sich die Koordinaten nicht verändert. ,Wahrscheinlich gibt es da ein Dorf‘, überlegte Susan, die nach dem Ausbruch wieder etwas entspannter war.
Mittlerweile war es ein Uhr nachts. Sie fühlte sich nicht müde. Während der Untätigkeit in Mae Sot hatte sie sich restlos erholt. Trotzdem beschloss sie, bis zum Tagesanbruch nicht weiterzufahren und sich einige Stunden hinzulegen. „In vier Stunden wird es schon wieder hell“, konstatierte sie nüchtern. Sie legte sich auf die kleine Ladefläche des Jeeps. Unter der Plane, die die Ladefläche vor dem Regen schützte, fand sie eine Decke, sowie einige Flaschen Wasser. Trotz der Decke war die Unterlage hart. ,Mehr als ein wenig Dösen liegt wohl nicht drin‘, befand Susan und bemühte sich, eine einigermassen bequeme Stellung zu finden.
Für Frank war es so etwas wie eine Premiere. Gong hatte völlig die Fassung verloren, als er ihm am Funkgerät mitgeteilt hatte, dass Susan abgehauen war. „Was? Weg? Wohin ist sie gefahren?“, stammelte er ins Funkgerät. Nachdem er sich wieder unter Kontrolle hatte, wurde er wütend. „Was fällt ihr eigentlich ein? Klaut der thailändischen Armee ein Empfangsgerät, eine Pistole und einen Jeep und fährt damit in Burma herum?“ Dann war es einige Zeit ruhig in der Leitung. „Ich werde sie suchen“, sprach er dann wieder ruhig und entschlossen.
Ich brauche laufend die Koordinaten des fremden Mannes, welcher uns auf die Spur gebracht hat“, befahl er dem Nachrichtenoffizier. „Aus dem Hauptquartier in Mae Sot“, ergänzte er knurrend. Er warf einen letzten Blick auf die rauchenden Ruinen, welche noch vor wenigen Stunden ein Drogenlabor gewesen waren. Das Sprengkommando hatte ganze Arbeit geleistet. Auf einer kleinen Anhöhe wehte lustig die Fahne der Karen National Union.
,Alles, bis auf eine kleine Panne mit dem Sprengstoffkommando, lief wie am Schnürchen, genau so, wie geplant. Und dann plötzlich dieser Sololauf von Susan.‘ Gong schüttelte den Kopf und wurde wieder wütend. Dann befahl er den noch anwesenden Soldaten, sich gruppenweise über die Grenze zurückzuziehen.
Wenige Minuten später war der Platz leer. Nur die Leichen der burmesischen Soldaten hatten sie aus Zeitgründen liegen lassen. ,In kurzer Zeit wird es hier von burmesischen Soldaten wimmeln‘, war Gong sich sicher. Dann dachte er an Susan und trotz der Hitze fuhr ein Frösteln durch seinen Körper.
,Du brauchst wieder einmal alle Schutzengel, damit du heil aus dieser Gegend kommst‘, sprach er zu ihr sorgenvoll in Gedanken. Dann schulterte er seine Waffe und lief mit seinem elastischen, ausdauernden Schritt den kleinen Weg entlang, über welchen Klaus gerannt war, als er ihnen entschlüpfte.
Entfernt hörte er das Knattern des Propellers eines Hubschraubers. Das Geräusch näherte sich schnell. Gong duckte sich unter einen kleinen Baum und wartete, bis ihn der Helikopter überflogen hatte.
„Da sind sie ja schon“, sprach er mit ironischer Stimme und trabte dann weiter den Weg hinunter.