Thailändisch lernen

Thailand Pitcairns Reise 2012 - Teil 18 - Reisephilosophie /Backpacker Neuzeit / Crashkurs

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Reisephilosophie
Werde ich gefragt, warum in aller Welt ich jeweils mit dem Bus und nicht mit dem Flugzeug reise, bin ich um eine einfache Antwort verlegen. Dass die Fahrkarte in einem unklimatisierten Bus zusammen mit Einheimischen, schreienden Kindern, gackernden Hühnern und platzraubenden Reissäcken nur wenige Pesos kostet, ist für einen passabel situierten Auslandschweizer wie mich nicht das Hauptkriterium; und Angst vor dem Fliegen habe ich nicht.

Soll ich sagen, dass die Fahrt über 800 Km, mit zweimal Umsteigen und langen Wartezeiten, wenns gutgeht, ja nur zwölf Stunden dauert? Nein, mein Hauptargument ist rein egoistischer Natur. Ich bin nicht bereit, auf schöne Ereignisse, Kontakte mit Reisenden zu verzichten und will wissen wie es zwischen A und B aussieht. Ich will am Puls bleiben, die Reise aufsaugen, dass sie in mich übergeht. Mit allen Sinnen fahnde ich nach neuen Erlebnissen, Fotoaufnahmen und Kochrezepten. In Tat und Wahrheit bin ich ein Bus- und Zug-Junkie. Das Reisen selbst, die Bewegung, löst in mir jene Art Wonnegefühl aus, das andere Leute empfinden mögen, wenn sie ihre geliebte Briefmarkensammlung betrachten und mit einer neuen Errungenschaft eine jahrelang unvollständig gebliebene Serie komplettieren können. Da sabbert der Schleim aus ihren Lippen und der Klimax ist nicht mehr fern. Ich habe grosse Lust am Schalter auf eine Fahrkarte anzustehen, mag die Aura beim Warten auf den Bus, den Kontakt mit den Leuten am Busbahnhof, das Erkämpfen oder den Reiz des taktischen Erschleichen eines adäquaten Sitzes auf der landschaftlich interessanteren Seite, damit ich meine Kamera gut in Position bringen und auch annehmbar sitzen kann. Insbesondere ein wichtiger Teilerfolg auf der Reise ist, einen Sitzplatz im hinteren Drittel, nicht aber über dem Rad, zu ergattern; vorausgesetzt ,dass hinten auch eine Türe zur Verfügung steht (Because of security reasen).

Ein Isle-Seat, wenn möglich ohne einen Nachbarn, was man aber leider nicht beeinflussen kann, zumal das hübsche Girl, das sich schnaufend an allen freien Nebensitzen vorbei quer durch den Korridor schiebt, einen so nett fragt, ob der Platz neben einem noch frei sei. “Shure! Have a seat, Darling”, und so freut man sich zu plaudern, erfährt dabei allerhand über die junge Frau, ihre Angehörigen, die wie alle philippinischen Familien auf dem ganzen Globus verstreut sind. Natürlich ist die Hübsche unverheiratet und hat gerade das College abgeschlossen, ist auf Jobsuche und dabei, ihr Leben neu zu organisieren. Eine fünfjährige Tochter habe sie schon, der Papa über alle Berge, aber das Kind sei in guten Händen bei der Mutter in der Provinz untergebracht. Bevor der Bus die Enddestination erreicht, bin ich mit allen ihren Koordinaten versorgt. Ich bin herzlich eingeladen, sie oder ihre Brüder und Schwestern, Cousins und Cousinen, Onkel und Tanten zu besuchen, sollte ich zufällig in Manila, in den Emiraten, in Kalifornien, New Jersey oder in Milano sein.

Zum Glücksgefühl einer langen Reise gehören die Abfahrt, die Reise selbst sowie das Ankommen. Ich ergötze mich an den Momenten, in denen ich auf der Reise ein anderer Mensch werde. Das lässt sich nur auskosten, wenn das Dazwischen eine gewisse Grösse nicht nur im Raum, sondern auch in der Zeit hat. Wer einmal mit dem Zug von Bern nach Hongkong gefahren ist, weiss um den Unterschied Bescheid. Warum also nicht mit dem Bus von Manila über Lucena nach Legaspi reisen, vorbei am meist friedlichen ungültiger Link entfernt, an grünen Reisfeldern, Wasserbüffeln, weiter, einfach weiter. Am Ende der Insel Luzon setzt du mit der Fähre über nach Samar Island, fährst an Catbalogan vorbei. Bald erblickst du die San Juanico Brücke, die einen Bestandteil des Pan-Philippinischen-Highways bildet. Sie wurde seinerzeit von Imelda Marcos Initialisiert und gilt als schönste Brücke des Landes und längste in Südostasien. Noch heute ein architektonisches Meisterwerk.

Du erhaschst einen malerischen Blick auf die San Juanico-Strasse und schon bald fährst du in den Busbahnhof von Tacloban auf der Insel Leyte. All the way long geht dein Trip weiter die Insel runter nach Maasin und führt dich schliesslich zur südlichen Inselspitze nach Padre Burgos. Nun bist du deinem Ziel Limasawa schon sehr nahe und kannst die Insel auf Distanz sehen. Mit einer Bangka schaffst du die letzte Etappe und du bist da. Natürlich erreichst du Tacloban auch bequem in einer guten Stunde mit Cebu-Pacific-Air von Manila aus. Wenn du deine Klappstulle und Cola konsumiert hast, landest du schon auf dem Romualdez Airport. Aber dieses hektische Reisen ist nichts für deine Seele. Eine schon bessere Alternative ist die maritime Anreise durch diese einzigartige Inselwelt. Doch nichts vermag eine Überlandreise zu übertreffen.

Ich möchte niemanden langweilen mit der Schilderung der Vorbereitung, die eine solche Reise erfordert, der vorteilhaften Langzeiterfahrung, welche Getränke man vorzugsweise im 7Eleven einkauft und die unterwegs in der Provinz nicht erhältlich sind, welche Früchte sich zum Verzehr besser eignen, welche saftig sind, aber nicht so, dass man dem Nachbarn eine Serviette umbinden muss. Dass man während der Fahrt Kaffee und Bier besser nicht konsumiert, damit man vor dem nächsten Zwischenstopp in vier Stunden nicht in Nöte kommt. Hast du dich genügend mit allen Reisenden ausgetauscht und spätestens, wenn der auf Tagalog synchronisierte Hollywood-Actionstreifen beginnt, hast du deine Ruhe. Für mich heisst das, den iPod einzuschalten, den Bose Mobil in Ear reinzustopfen und meinem Sound zu lauschen: Deep Purple: Child in time, When a blind man cries, Led Zeppelin: Stairways to heaven, Peter Green’s Fleetwood Mac, Albatros, Polo Hofer, D’Rosmarie und I, Es het einisch eine gseit, Gilbert Becaud, Natalie usw – die Liste meiner Songs aus den 70er-Jahre ist endlos. Ungezählte Male habe ich auf Reisen dieser Musik gelauscht, früher auf Cassetten, später auf CDs und jetzt in der Neuzeit mit MP3. Dieser Sound ist etwas vom wirklich Wenigen, was früher besser gewesen ist. Wo immer ich diese Musik höre, wähne ich mich sofort im Bus oder im Zug, ich sehe die vorbeifliegende Landschaft, die in der Dämmerung versinkt. Meine Augen sind nur noch offen für das grenzenlose Staunen, das aus dieser Welt einen Roadmovie macht.

Irgendwann erwacht der Tag, nach einer Nacht in der man immer wieder eingenickt und aufgewacht ist. Das Hirn eingetrübt und auf minimalen Aufnahmezustand eingeschaltet. Jetzt musst du dir merken, wo der Bus parkiert ist und darfst nichts liegenlassen. Du hast jenen Zustand gleichgültiger Souveränität erreicht, für den andere ins Ashram nach Poona pilgern oder beim Psychoanalytiker auf die gestreifte Coach liegen. Mit sperrigen Beinen wankst du aus dem Fahrzeug und stolperst schlaftrunken Richtung schmutzige Latrine, wo die Frauen schon Schlange stehen. Gott sei Dank bist du ein Mann, da hat der Allmächtige einmal nicht gepfuscht. Aber für eine geeignete Reisebegleitung musste mein Vorgänger eine Rippe opfern. Ich sags ja schon lange, Männer werden immer zur Kasse gebeten. Preiset trotzdem die Schöpfung
J. Ist mein Vielliebchen dabei, nehme ich sie gleich mit auf die Männertoilette und pflanze mich vor der Türe als Bodyguard auf.


Andere suchen ihr irdisches Paradies als Pauschal- oder Klubtouristen im Indischen Ozean. So manche Neugier bleibt da auf der Strecke. Für ein Zweiwochenglück in Strandnähe, Schönwettergarantie und ein paar luxuriöse Sonnenuntergangsdinner zahlen sie mit dem Katzenjammer, der sie überfällt, wenn sie wieder daheim sind. Ihre dekadenten Zivilisationsneurosen, ihre politisch korrekte Skrupel, ihre nordatlantischen Stimmungstiefs, ihre schweren Körper und Bankkonten treiben die Tourismusmaschine an. Drei Wochen am Strand in der Sonne zu liegen und ein Buch zu lesen, würde mich an den Rand der Wahnsinns bringen. Das kann ich zuhause auch in der Hängematte im Garten. Da sind noch der Kühlschrank, der Desktop und TV nicht weit und ich habe etwas Abwechslung.

Um es einmal ganz klar zu sagen; Reisen hat mit Ferien und Relaxen nichts zu tun. Reisen darf auch nie zu einem hektisches Hin und Her von einem Spot zum anderen werden. Wenn dich die Panik des Noch-nicht-Gesehenen oder des Schon-Verpassten packt, machst du etwas falsch.
Reisen bedeutet, Zeit für das Leben zu haben, meinem Weltbild ein neues Objekt anzugliedern. Ich habe den Eindruck, aus meinem Leben herauszutreten. Etwas Neues enthüllt sich, eine Welt so übervoll, so reich und so überraschend. Jede Reise ist einzigartig und lässt sich selbst bei gleichem Routing nicht wiederholen.

Ich geniesse das Inkognito eines Phantoms und kein Schwein weiss, wer ich bin und woher ich komme. Es gibt Reisen, die tragen einen Menschen aus dem Bereich des Gewöhnlichen heraus. Nicht in Bezug auf die Ferne der Destination, sondern in der Tiefe des Erlebten. Dazu gehören in meinem Leben zwei Pilgerreisen auf verschiedenen Strecken des Jakobweges nach Santiago de Compostela und Finisterre am Atlantik. Eine Reise in mich selbst. Der Pilger begibt sich in einen imaginären Film und ist sieben Wochen lang eine Handlungsfigur in einer Geschichte, die in dieser Konstellation nur einmal auf diese Art abläuft. Das Leben als reisende Schildkröte ist das Beste was mir bis jetzt rund um den Globus widerfahren ist. Nur da wo ich zu Fuss war, war ich wirklich.

Das Leben hat sehr viel mehr zu bieten, als vielen Menschen zuteil wird. Dazu braucht es primär nicht viel Geld, sondern den Willen etwas Neues zu tun, aus der grauen Masse herauszutreten. Reisen braucht keine Beweggründe und beweist dir rasch, dass sie sich selbst genug ist. Abenteuerlust, Wissensdurst und Erkenntnishunger können Triebfeder einer Reise sein. Unterwegs zu sein ist die beste Lebensschule. Du lernst deine Vorstellungen mit der Wirklichkeit abzugleichen und anstatt zu denken, wie die Dinge sein könnten, musst du sie sehen, wie sie effektiv sind. Du kannst noch so viele Bücher über einen Ort lesen, wenn du nicht hinfährst, merkst du nicht einmal, was man dir für einen Bären aufgebunden hat.

Reisen ist auch ein Stück Gemeinheit. Es zwingt dich, Fremden zu vertrauen und wegzugehen von der Wärme deines Zuhauses und deiner Freunde. Du bist ununterbrochen aus dem Gleichgewicht. Nichts gehört dir, nichts als die absolut notwendigsten Dinge – die Luft, der Schlaf, die Träume, das Meer, der Himmel – alles Belange, die mit der Ewigkeit zu tun haben. Oder eben mit dem, was wir uns darunter vorstellen. Ein paar Masken bleiben auf der Strecke und du speckst mental ab; Verlogenheit und Selbstbetrug gehen verloren. Niemand wird schneller bescheiden als ein Langzeitreisender. Alles was du mit dir führst und wichtig ist, hat in deinem Rucksackplatz Platz.

Reisen bildet, gewiss, aber wie oft wurden mir Illusionen geraubt. Du hast nie Zeit dich zu langweilen, zu viele Dinge um dich herum gibt es zu bewundern.
Das Leben wird rückwärts verstanden, aber vorwärts gelebt. An die Orte deines früheren Reiselebens solltest du nicht zurückkehren, weil Umstände sich ändern. Die Gegenwart kann nicht mithalten mit der Erinnerung – sie verliert immer. In meinem fast fünfzigjährigen Reiseleben habe ich zwei Arten von Leuten kennengelernt: Solche die zu Hause bleiben und andere, die unterwegs sind. Die erste Kategorie siecht in ihrer eigenen Unbeweglichkeit dahin.

Die Fähigkeit seine Musse klug auszufüllen, ist wohl die höchste Stufe der persönlichen Kultur. Das Leben ist ein verlorenes Gut, wenn man nicht gelebt hat wie man hätte leben wollen. Der Rucksack zeigt, wenn man auf Reisen ist, wie wenig im Leben wichtig ist; all den überflüssigen Firlefanz brauchst du nämlich nicht. Reisen ist nicht alles im Leben, aber jeder Trip ins Unbekannte macht es kompletter.
Dank dem Reisen hat mich eine Midlifecrisis nie erreicht.
Bereits mit 17 wusste ich klar wo ich hinwollte: Reisen, Reisen, Reisen!!! Und das ist bis heute so geblieben. Wertvolle Zeit habe ich dem Gelderwerb preisgegeben. Leider liess sich das nicht verhindern, den Piselotten sind für die Fortbewegung zwischen den Kontinenten unabdingbar nötig. Meine Reiseerlebnisse rund um den Globus der letzten fünf Jahrzehnte hätten für ein paar verschiedene Leben gereicht: trotzdem hat alles in das eine reingepasst. Das ist möglich, wenn man im Leben Schwergewichte bildet und sich nicht für Unnötiges verzettelt. Trotz vorgerücktem Alter haben sich meine Motivation und Vorlieben nicht geändert; die Faszination des Reisens bleibt ungebrochen. Die Reise ist stärker als ich; sie zwing mich das zu tun was sie will. Ich kann keinen Ozean überqueren, wenn ich nur aufs Wasser starre. Daher muss ich jetzt wieder los. Ich mag keine Sehnsüchte mehr formulieren, ich will sie befriedigt wissen.


Backpacker der Neuzeit
Backpacker und Budgettraveller, damit werden langhaarige, ungewaschene, stinkende, vollbekiffte, rumgammelnde, arbeitsscheuhe Rucksackreisende mit wenig Mittel assoziiert. Das Bild stammt aus den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts, als Langzeitreisende in Felljacken von Europa auf dem Landweg nach Afghanistan, Nepal und Indien aufbrachen und sich später in Goa, in Poona beim Guru Baghwan oder sonstwo an der Wärme niederliessen. Für diese Kategorie von Reisenden ist ein Land nur dann authentisch, wenn es ausreichend Armut und miserable Infrastruktur bereit hält. Soviel zum vorherrschenden Klischee.

Eines sei vorneweg gesagt: Auch wenn man mit schmalem Budget unterwegs ist, kann man trotzdem auf Reisen gehen und einen Riesenspass haben. Das Budget-Reisehandbuch Southeast-Asia on an shoestring von Tony Wheeler, Mitbegründer von Lonely Planet, war mit diesem Bild verbunden. In Südeuropa entwickelte sich in Griechenland und Spanien eine ähnliche Hippieszene. Insbesondere Kreta und Ibiza waren Hochburgen dieser Kultur. Dieser Typ Traveller stand im Einklang mit der 68er-Bewegung, mit Flowerpower, mit der politisch linken Szene. In ihrer besonderen Lebensphilosophie, vereinten sie gemeinsames Gedankengut und vor allem die Absicht, nicht arbeiten zu müssen und die Freiheit auszuleben.
Der Rucksack signalisiert, "Ich reise individuell, ich bin weltwach, ich bin unabhängig, ich erlebe mehr als du, ich grenze mich von Koffertouristen ab, Touristen sind immer die anderen."
Noch heute sehen Rucksackreisende oft ein wenig auf kulturlose Ferientouristen herab, die an überfüllten Stränden in blau-weiss gestreiften Liegestühlen, Reihe 12, Liege 125, relaxen. Backpacker sind oft mit ihresgleichen zusammen und Gespräche beginnen meist: "Warst du schon mal in ..." Das Outfit ist betont locker, heutzutage aber stark auf praktische Funktionswäsche wie T-Shirts und Trekkingshorts ausgerichtet. Stark dezimiert ist die Sorte von Rucksackreisenden, die in einheimischer Folkloretracht herumwandelt. Damit denke ich an Caftani, Lungi, Sari, Goa-Pluderhosen oder Retro-Hippielook. Besonderen Anschauungsunterricht über das Backpackertum erhält man beispielsweise in der Khao San-Road, im Quartier Banglampoo, Bangkok, Thailand.


Die Backpacker haben unbeabsichtigt Verdienste erworben. Als Vorhut haben sie den Pfad für spätere Pauschaltouristen geebnet, als sie idyllische Destinationen entdeckten. Um nur einige Orte und Regionen zu nennen: Der Süden von Thailand, Singapore, die Inseln in der Andamensee, Penang in Malaysia, Bali in Indonesien, Goa und Südindien, Malapascua und Boracay auf den Philippinen etc. Erst im Nachgang haben Reiseunternehmen wie Tui, Thomas Cook oder Kuoni mitgeholfen, die Orte für den Massentourismus zu erschliessen. Was folgte waren gepflasterte Strassen, direkte Verkehrsanbindungen, Airstrips, Flughäfen, eine offizielle Webseite in Englisch, Geldautomaten, Ferienwohnungen, Schüler- und Studentenparties für internationale Klientel oder Rentner in orthopädischen Turnschuhen.

Niemand hat ein Recht zu verlangen, dass alles so bleibt wie es ist. Doch werde ich mich hüten, weitere Destinations-Tipps zu verbreiten.
Es gibt sie noch, versteckte Inseln, paradiesische Ziele, abseits des modernen Weltenstroms, die noch nicht von der westlichen Zivilisation und den Samsonite-Travellern verändert worden sind. Sie liegen weiter weg als du denkst, sie sind schwierig zu erreichen und ich werde mir lieber die Zunge rausschneiden lassen, als dass ich sie Outsidern preisgebe.

Mit meiner, von frühester Jugend an liberalen Gesinnung, entsprach ich nie diesem landläufigen Backpacker-Klischee. Seit jeher, bekannte ich mich zum kapitalistischen politische System und identifizierte mich mit der Leistungsgesellschaft. Ich teilte jedoch die Philosophie des individuellen Reisens mit dem Rucksack, des Aufbruchs und dem Entfliehen aus gesellschaftlichen Konventionen.
Es gibt Globetrotter, die selbst ihre Uhr zurücklassen. Das könnte ich nicht. Ich will wissen wie spät es ist. Früher hörte ich auf meinem Kurzwellenempfänger mit Bandspreizung jeden Morgen BBC, VOA oder die Deutsche Welle. In der Zivilisation kaufte ich mir das Magazin Newsweek. Heute, lange danach, verfüge ich über ein Netbook und WiFi und habe an vielen Orten Zugang zum Web. Ich will am Puls des Weltgeschehens bleiben und stehe mit beiden Beinen fest im Leben.

Ich habe das gnädige Schicksal, vor der Erfindung der Virtualität geboren zu sein und kenne die Welt noch von einer anderen Seite. Ich kann dir zustimmen, dass man auch ohne mobiles Telefon und Laptop ein menschenwürdiges Dasein fristen kann. Doch wer sich von der Technik nicht helfen lässt, wer sich guten Ideen widersetzt, der macht sich selbst zum Dinosaurier. Internet- und PC-Abstinenzler verzichten auf ein wesentliches Gut der Neuzeit, das ihnen das Leben einfacher macht.

Wer als Reisender auf solche Errungenschaften verzichtet, hat eindeutig das Nachsehen. Unterkünfte und gewisse Flugtransporte lassen sich oft wesentlich günstiger und einfacher auf dem Internet buchen. Der Gang ins Reisebüro wird dadurch nicht obsolet. Eine qualifizierte Fachberatung ist heute für Outsider nach wie vor unverzichtbar. Die Branche hat jedoch nur eine Zukunft, wenn der Insider hinter dem Schreibtisch auch Destinationen kennt, wo nicht alle hinwollen. Auch komplizierte Flugbewegungen kann Otto Normalverbraucher nicht selber im Web buchen. Immer wieder stelle ich fest, dass erfahrene Reiseberatende etwas Attraktives aus dem Köcher ziehen. Mit deinem Laptop kannst du Direktflüge buchen, günstig nach Hause telefonieren, den Kontakt mit deinen Lieben aufrechterhalten, deinen Reiseblog unterhalten, eMail schreiben, die HD als Fototank benutzen, den Backup deines Tagebuchs auf den Websurver schieben und Geldüberweisungen veranlassen. Sicher hast du auch alle wichtigen Reisedokumente wie Pass, Impfausweis, Kaufbelege von Travellercheques und Travel-Cash eingescannt und sie sind über deine eMail-Adresse auf dem Web abrufbar. Die NZZ liest du täglich auf deinem Netbook. Deine Belletristik und Reisehandbücher lädst du auf den Tablet. Die Zeiten sind endgültig vorbei, als du noch ein paar Kilo Papier auf der Reise herumschleppen musstest. Hiermit prognostiziere ich auch den absehbaren Tod von all den unaufgeräumten Second-Hand Buchläden, nicht aber von Buch-Antiquariaten. Ich bin wirklich gespannt, was die Piratenindustrie künftig für eBooks auf Lager hat. Auch Facebook kannst du nicht wegdiskutieren, ob du magst oder nicht. Das heisst nicht, dass du alle Infos über dich preisgibst; du kannst ja Gruppen machen, zum Beispiel für Familienmitglieder. Nur wenn du dich mit den neuen Medien auskennst, kannst du deine Kinder anleiten. Das gilt nicht nur fürs Facebook, sondern generell für Socialmedia und Internet.

Genauso selbstverständlich wie die Zahnbürste, gehört heute der Laptop ins Reisegepäck. Du darfst deinen PC lieben, musst aber die Technik nicht zwingend zum Götzen machen und sie als das benutzen, was sie ist: ein Werkzeug das unser Leben vereinfacht und uns grössere Möglichkeiten erschliesst, um mit unseresgleichen zu kommunizieren. Bedenke, die Zeit muss sich nicht dir, sondern du musst dich der Zeit anpassen. Der Spruch ist übrigens von Modezar Karl Lagerfeld. Wenn du keine Anleitungen lesen willst, kannst du auch Knöpfe drücken, bis es klapptJ. Es wäre unvernünftig, dem Fortschrittsgott zu trotzen. Wandel ist der Preis, den wir für erfolgreiches Überleben bezahlen. Hast du das nicht verstanden, dann läufst du ständig neben den Schuhen. Digitale Analphabeten habe keine Zukunft. Bedenke, wir leben im Jahre 2012, aber nach Christus!


Crashkurs "Backpacking and Budgettravelling" (Humor)
Dir kommt meine Art zu Reisen etwas Spanisch vor. Trotzdem möchtest du es einmal auf diese Art versuchen und die damit verbundenen Vorteile erleben und erkunden. Damit du möglichst widerstandlos deinem Warmduscher –Leben entrinnst und reibungslos ins Hardcore-Backpackerdasein umswitchen kannst, biete ich willensgereiften Leuten einen Crashkurs an. Du darfst an meinem Workshop Erfolgreiches Backpacking und Budgettravelling teilnehmen. An diesem eintägigen Seminar werden folgende zentrale Themen behandelt:
· Warum reise ich?
· Mein Gepäck ist nicht mehr da – was nun?
· Gefreutes Defäkieren in öffentlichen Toiletten
· Behandlung illoyaler Darmtendenzen
· Ernährungsverhalten – Wurst oder Müesli?
· Teva-Sandalen oder Birkenstöcke?
· Übernachten auf der Gepäckablage
· Umgang mit friedensbewegten veganischen Vogelscheuchen in öffentlichen Verkehrsmitteln
· Schlagabtausch und Selbstverteidigung mit Souvenirverkaufenden
· Reisebegleitung: Begegnung von Schreikrämpfen und Panikatacken oder, – wie schaffe ich mir diese hysterische Person vom Halse?
· Internet unter der Dusche
· Sexuelle Überreizung – Testosteronmanagement und Triebbefriedigung unterwegs
· Moneychange auf dem Schwarzgeldmarkt – wie bescheisse ich den Händler?
· Alles geklaut – was nun?
· Selbstoperation Blinddarm in Timbuktu
· Älplermagronen und Raclette – adäquates Travellerfood in der Dritten Welt
· Rückreise ohne Geld und Kompass
· Ich finde mich in Westeuropa nicht mehr zurecht – welche Klapsmühle nimmt mich auf?
· Wie sauge ich die Sozialhilfe aus?
· Wie finanziert der humanitäre Wohlfahrtsstaat meine nächste Weltreise?


Dresscode und Kursmaterial: Teilnehmende erscheinen in passender Travellerkleidung, Vollpackung mit eingebauter Rucksack-Alarmanlage: Sombrero Mexicano mit Solarpanel, Laptop, Ersthilfeapotheke, Schweizer Offiziersmesser, Taschenlampe, faltbarer Waschschüssel und einer Rolle Toilettenpapier mit Blumenmotiv.

Pitcairn
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
        #2  

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Das ist/war mal wieder ein totales Higlight und Sahnehäubchen - der eh schon hochkarätigen Berichterstattung und (Reise)Erzählung aus Deiner Feder bzw. neuzeitlichen virtuellen Gedankenstrick Maschine. Feder war ja vorgestern ;-)

Greetz
Rauhnacht
 
        #3  

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Teil 17 fehlt! :hehe:

Ich dachte eben ich bin blöde weil er 40 Teile anzeigt und ich die Nummer 17 nicht finden konnte, es aber von 1 bis 40 geht und auch genau 40 Teile da sind - bis ich den doppelten Beitrag 38 gefunden habe :ironie:

Greetz, H&S
 
        #4  

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Ahhhhhhhhhhh...das wollte ich auch gerade posten..da suchste fast 10 Minuten nach Nr. 17 , denkste , das irgendwas nicht stimmt , weil es ja vierzig(40) Teile sind gesamt....usw.. und dann findest Du 2 x Nr. 38 ..
 
        #5  

Member

Und wann und wo findet dein Würgshop statt ?
 
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