Thailändisch lernen

Pattaya Hier ist alles drin,...

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Tag 4: Mit der Routine eines Murmeltiers

...oder besser mit der Unheil verheißenden Beständigkeit eines Lemmings fangen nun meine Tage an, sich zu wiederholen.

Ich bin gefangen zwischen den neuen Eindrücken aus Pattaya, meinen Vorlieben für Alkohol und Fussball, sowie der seltsam beruhigenden Atmosphäre, wenn man im Zimmer die Vorhänge geschlossen hält. Kurzum bin ich heute schon wieder nicht an Neuem interessiert und harre lieber der Dinge, die da kommen. Und siehe da. Es gibt heute wieder was im Fernsehen zu bestaunen!

Die Nachtruhe war gegen 14:30 wieder einmal beendet und ich schaute wie jeden Tag aus meinem Hotelfenster in die malerische Kulisse Pattayas, um die ungefähre Temperatur abschätzen zu können. Ein Thema, das mich wirklich unablässig beschäftigte.



Der Grund, warum "pool side" Zimmer teurer sind als "city side".



Und noch einer.


Raucherausstattung auf dem spärlich möblierten Balkon.


Es half alles nichts, wir mussten wieder raus ins Getümmel, um ein neues Restaurant ausfindig zu machen. Auf meine stete Begleitung Ning, die stille Duschweltmeisterin, konnte ich mich diesbezüglich zwar nicht verlassen, aber heute wollte ich meinem Näschen folgen und etwas leckeres zu Tage fördern. Zu diesem Zwecke schlugen wir heute den Weg über die sagenumwobene Soi Buakhao ein, die parallel zur 2nd Road verläuft.

Ich hatte schon gehört, dass es hier auch gute Gelegenheiten geben würde, um sich abends zu vergnügen, aber je länger der Marsch auf der Straße in Anspruch nahm, desto verwunderter war ich darüber, dass die Soi Buakhao so viele Anhänger hatte. Das erste Problem, was mir wieder einmal bewußt wurde, war die ständige Gefahr des überfahren werden. Obschon die Straße richtig groß und stark befahren war, gab es hier auch keinen richtigen Bürgersteig und man schlängelte sich eben so am Straßenrand entlang. Tagsüber mit einer ortskundigen Begleitung geht das ja vielleicht noch, aber wie um alles in der Welt soll man hier abends im Dunkeln alleine und mit einem ordentlichen Pegel heile nach Hause kommen? Nichts für Anfänger!

Ansonsten finden sich in der Straße viele Gewerbe. Vom Markt über Banken, von kleinen Restaurants bis offenen Bars, Hotels, Wäschereien, Massagesalone, etc. Ein bunter Mix aus vielem wieder einmal, nur ein halbwegs ordentliches Restaurant wollte sich abermals nicht so schnell auftreiben lassen. Da meine Begleitung indifferent gegenüber der Auswahl war, lies ich mit schwindendem Nervenkostüm eine Entscheidung für ein englisch anmutendes Lokal folgen.

Abends bin ich nicht in die Buakhao gegangen, da die Aussichten für meinen Geschmack nicht zu rosig waren. Zudem hatte wirklich sehr vieles einen stark englischen Einschlag und um diese Zeit waren wohl die meisten Farangs eben Engländer. Als fast 20-facher UK-Tourist macht mir das zwar nichts aus, aber spätere Begegnungen mit einigen betrunkenen Tommys (Tommy "Oi! Whe' ya from?" Ich: "Germany. Tommy "Nazi. Heil Hitler!") zeugten davon, lieber getrennt von ihnen meine Zeit verbringen zu wollen.

Wieder einmal merkte ich, dass Ning und ich uns scheinbar gar nicht so viel zu sagen hatten. Das fiel im Zimmer nicht so auf, da dort verstärkt andere Qualitäten gefragt waren bzw. man im Schlaf auch nicht so viel miteinander redet. Andererseits war das nun meine dritte Nacht mit ihr gewesen und bis auf Handydisko und rudimentäre Informationsübermittlung hatte ich noch gar nicht so viel von ihr kennengelernt. Auch heute sollte sich das nicht ändern, da es einfach zu mühselig war, jeden Satz dreimal wiederholen zu lassen und mangels Vokabular ohnehin auf einfachste Konversation angewiesen zu sein. Kurzum fing es mich an zu nerven, mich nicht mit meiner Begleitung unterhalten zu können. Als wir uns am Tisch gegenüber saßen, versuchte ich mehrmals eine Unterhaltung aufzubauen, scheiterte jedoch bereits im Ansatz. Die Lady musste weg. :bye: Die Würfel sind gefallen. Ich werde ab sofort zum Butterfly!

Nach dem üblichen Dreierlei an Thaifood (Suppe - Salat - Irgendwas mit Fleisch und Reis) schlenderten wir weiter in Richtung Walkingstreet, um dann scheinbar auf einem Parkplatz plötzlich religiös zu werden. Hinter dem Parkplatz jedoch befand sich ein für ungeübte Augen kaum erkennbarer Tempel, den Ning nun scheinbar besuchen wollte. Au weia! Ich gehe in Deutschland nicht einen freiwilligen Schritt in die Kirche und nun sollte ich Buddha besuchen? :shake: Ohne mich, den überzeugten Atheisten!

Minuten später stand ich trotz Protesten barfuß und ehrfürchtig mitten im Gotteshaus. Ob man dort Bilder machen durfte oder nicht, entzieht sich leider meiner Kenntnis. Wert gewesen wäre es allemal, um diesen Ort zu dokumentieren. Es ging jetzt buchstäblich die Post ab und wie im Kaufhaus wechselten Geld und Ware die Eigentümer. Ich schlich bedächtig hinter Ning her, die sich sogleich einen der bereitstehenden Eimer mit Lebensmitteln griff und einen ausliegenden Umschlag mit 100 THB bestückte. "Mein schönes Geld geht zum Klerus.", dachte ich nur. Sie nahm dann noch eine bereitstehende kleine Schale, in der ein mit Wasser gefüllter Kelch stand und goß etwas Wasser in die Schale.

Wenn sie mit der ganzen Buddhasache glücklich werden würde, sollte es mir Recht sein und beschloss, das unverständliche Treiben einfach geistig abzunicken und gute Miene zum Spiel zu machen. Was blieb mir auch für eine Wahl? So wurde ich daraufhin aufgefordert, mich neben Ning vor einen Mönch zu setzen. Das ging mir jetzt aber eine Stufe zu weit... und setze mich, wie es sich für einen braven Touristen gehört. Es wurde minutenlang gemurmelt und gebetet während ich aus dem Staunen gar nicht mehr heraus kam. Gegen Ende der Veranstaltung wurden wir vom netten Murmelmönch mit Wasser bespritzt und gingen wieder die Stufen des Tempels hinunter zu den abgestellten Schuhen. Die Wasserreste aus der Schale mit Kelch wurden dann mit großer Ernsthaftigkeit bedächtig neben einen Baum geschüttet, was das Ende der Zeremonie bedeutete. Hoffentlich hat der Buddha in den kommenden Tagen etwas auf mich aufgepasst.

Kurzum war das der göttlichste Moment meines Lebens.

Später fand ich jemanden, der mir erklärte, dass die Mönche die Lebensmittel aus den Eimern entweder selbst verzehren oder an Arme weiterreichen. Ich habe nie behauptet, diese Spenden seien nicht sinnvoll. Alleine die Tatsache, dass man sich auf diesem Wege eigenes Glück und Wohlstand in Der Zukunft "erkaufen" will, erscheint mir doch etwas zweckentfremdet.
 
        #52  

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Klasse Schilderung eines FTs.:yes:
Würde sich auch gut ohne Fotos lesen,weil die Sprache sehr bildlich ist.

Bitte mehr davon.:super:
 
        #53  

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Wie um alles in der Welt die nächste Nachtplanung abgelaufen ist, kann ich nicht mehr rekonstruieren. Wahrscheinlich hatte mir Buddha den Kopf so gewaltig verwässert, dass ich nicht mehr rational und zielgerichtet handeln konnte, wie es bisher meine absolute Stärke gewesen war... :ironie:

In irgend einem gefühlsbeduselten Moment musste es mir wie eine gute Idee vorgekommen sein, den gestrigen Tag deckungsgleich zu wiederholen. Da die vielfältigen Eindrücke mich noch immer fest im Griff hatten, wollte ich wohl die traute Zweisamkeit, die bekannte Bar und deren Fernseher als Oase der Zuflucht erkannt haben.

Ich schickte Ning mit ihren sauer verdienten 1500 THB gegen halb sechs zur Arbeit und freute mich wohl auf ein Wiedersehen um 5 Uhr in der Frühe. Wir verabredeten uns wie am Vortag für diese Uhrzeit, obwohl ich es ihr freistellte, wieder so lange auf mich warten zu müssen. :eek: Meine Vorsätze, ein stylisches Butterflyleben einzuschlagen, hielten an diesem Tag keine 2 Stunden. Selbst Eintagsfliegen haben einen längeren Atem als ich, aber die gesamte Lage und neue Umgebung machten mich wirklich noch mürbe und empfänglich für ihre Hundeaugen und auswendig gelerntes, trotzdem stotterndes "You come see me tonight?".

Wenn ich schon nicht Nein sagen kann, dann will ich wenigstens meinen Spaß haben und die Sorgen vergessen können. Und wie mache ich das? Genau. :saufen:

Daher surfte ich nur bis etwa 21:30 im Internet auf dem Zimmer, bis es Zeit für die ersten Erfrischungen war. Gekonnt durchstreifte ich die Soi 7 und Soi 8, um dieses Mal bereits nach einem Durchgang die Segel zu streichen und mich für den direkten Weg zu meiner neuen Stammkneipe Richtung Walkingstreet auf zu machen.

Mit staunenden Blicken wurde ich wieder von der Belegschaft empfangen. Da kam tatsächlich der bekloppte Deutsche wieder, der sich hier schon einige Male ohne weibliche Gesellschaft und ohne Absicht der Auslöse, oder gar Ladydrinks alleine die Kante gegeben hat, um sich im Fernsehen Männerbeinen hinzugeben. :headbash: Ja, die Mädels kannten mich schon gut... Nur heute wollte ich nicht den Fehler machen und allesamt zu ignorieren, was mir am Vortag ja ausreichend Schelte und Unverständnis einbrachte.

Leider war meine Lieblingsgesprächspartnerin Rose ausgeflogen. Zur Erklärung hieß es, sie würde einen "day off" genießen. Die Beschäftigungsverhältnisse sehen vor, dass sich die Ladies in der Bar für 3000 THB im Monat täglich in festen Schichten zur Verfügung halten müssen, um der Unterhaltung für Falangs zu dienen. Zu dem mickerigen Grundgehalt verdienen sich die Damen dann den Rest dazu mithilfe von Ladydrinks (20+ THB/Drink), Tips (werden unter der Belegschaft geteilt, außer der Kunde gibt den Tip höchstpersönlich beim Mädel ab) und insbesondere dem Mitgehen mit Kunden, die sie dort auslösen können. Im Monat haben die Mädels lt. Auskunft 4 Urlaubstage (day off). Fragt man dann jedoch nach dem Verbleib der einen oder anderen Kollegin, bekommt man so gut wie immer die "day off" bzw. "called in sick"- Lüge aufgetischt. Jedenfalls habe ich im Laufe der Zeit von so vielen Urlaubstagen gehört, meistens bei den selben Personen, dass sich diese entweder in einer Gewerkschaft zusammengeschlossen und bessere Arbeitsbedingungen erkämpft haben, oder schlicht und ergreifend die "day off"-Lüge als Substitut für "barfined" bzw. "taking care of a customer" verwendet wird. Ich tippe persönlich auf letztere Variante und die Solidarität unter den Hyänen.

Die Bargirls sind ohnedies eine ganz schön verlogene Berufsgruppe. Das muss man selbst erlebt haben, sonst glaubt man es womöglich nicht, was da an Selbstverständlichkeit in der Unwahrheit mitschwingt. Manchmal fragte ich mich, ob sie selbst glauben, was sie dort - meistens zum eigenen (geschäftlichen) Vorteil - vom Stapel ließen. Später einige Beispiele mehr dazu.

Nachdem die erste Enttäuschung überwunden war, gesellte sich sofort eine neue Dame zu mir, die ich am ersten Abend wahrgenommen hatte, als sie mit einem scheinbar betrunkenen Russen ins Geschäft gekommen war. Kae, eigenem Vernehmen nach 27 Jahre alt, ziemlich klein mit zierlicher Figur und eher unterdurchschnittlichem Englisch bewegte sich zielgerichtet auf mich zu mit einem "Vier gewinnt"- Spiel im Anschlag. Sie wusste offensichtlich, wie bei mir alle Knöpfe gleichzeitig zu betätigen sind, denn Spielen ist fast so super wie Fussballgucken und da es noch so früh war, willigte ich gerne zu einer Runde ein.

Es gibt viele Sachen, die ich zu tolerieren, oder zu ignorieren vermag. Beim Spielen zu verlieren gehört jedoch nicht dazu und erst recht nicht gegen ein Bargirl. Obwohl ich mir nach locker mehr als 10 "Vier gewinnt" freien Jahren beim Spielen mangels Routine Zeit lies, verlor ich insgesamt 5 der 13 Spiele. Das werde ich meinen Lebtag nicht mehr vergessen und war angesichts der Schmach so sauer auf mich, dass ich Kae zur Strafe für jedes verlorene Spiel einen Ladydrink ausgab. Sollte ich nochmal nach Thailand reisen, werde ich mir vorher einen eingehenden Strategiekurs "Vier gewinnt" einverleiben, um nicht mehr mein Gesicht so zu verlieren. :sc:

Immerhin hatte das zur Folge, dass ich meine ersten Ladydrinks an die Frau brachte, wie es sich eigentlich schon viel früher gehört hätte. Es verwundert nicht, dass ich in der kommenden Zeit ein sehr beliebter Spielpartner unter den Angestellten wurde, aber dabei auf gütliche Verteilung achtete. Letztendlich bringt einem das natürlich nichts und die Damen werden von sich aus teilweise umso unverschämter, aber da sich meine Kosten an den meisten Abenden relativ einfach überblicken ließen, stellte das kein Problem dar.

So schlugen wir die Zeit bis zur Übertragung des nächsten CL Spiels um 2:45 Uhr tot. Mir ist noch in Erinnerung geblieben, dass Kae schlechte Erfahrungen mit einem Deutschen gemacht hatte, der 5 Boombooms mit Smoking von ihr abverlangte und sie am Ende des Tages mit 1000 THB abspeiste. Also ein wenig Anstand gehört schon dazu, finde ich... Schäme Dich, Du Schwabe. :oops: Überdies imponierte mir sehr, dass sie sich trotz Feierabend um 3:30 und bekanntlich ohne Aussicht auf Auslöse trotzdem noch bis 5 Uhr mit mir und meinem stets zu Wayne Rooney und seinen Traumtoren schweifenden Blick herum schlug.

Ihre Schwester Ta, 23, arbeitete ebenfalls in der Bar und machte zwischendurch den Vorschlag, doch beide mitzunehmen für den Abend. Ich weiß nicht, ob das wirklich Aussicht auf Erfolg gehabt hätte, aber spätestens da war mir wieder eingefallen, was ich mir noch am Nachmittag von "Butterfly und so" selbst vorgenommen hatte. Nun ja, als monogamer Spaßtourist würde ich meinen Urlaub doch wohl nicht mit der Duschweltmeisterin beenden, oder?

Obwohl mir von einem anderen Girl noch das düstere Bild eines Überfalls und Tourimord auf der Beach Road um 5 Uhr morgens gemalt wurde, ging ich trotzdem zu Fuß und stark angeheitert wieder in Richtung Hotel, aber nicht ohne meine innig vermisste Ning von der Arbeit abzuholen. Auch dieses Mal entrichtete ich die 300 THB Barfine für die längst im Feierabend befindliche.

Wie ein Lemming laufe ich Ning bis ins Hotel nach, obwohl ich weiß, dass wir hier schon nah am Abgrund sind.
 
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        #54  

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Ich hoffe, du hast genug Ausdauer, ich will alles hören :yes:
 
        #55  

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Member hat gesagt:
Abends bin ich nicht in die Buakhao gegangen, da die Aussichten für meinen Geschmack nicht zu rosig waren. Zudem hatte wirklich sehr vieles einen stark englischen Einschlag und um diese Zeit waren wohl die meisten Farangs eben Engländer.

Also ich feier lieber mit straighten Tommis ab ,
als mit irgendwelchen Pfosten vom Naklua Poebel... :mrgreen:
...das geht gar nicht.
 
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        #56  

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Ich habe in Deutschland vor Jahren mit 3 Engländern zusammen Fußball gespielt, die allesamt als guter Kumpeltyp durch gingen. Außerdem habe ich, wie berichtet, ein Faible für die Insel und war dort schon sehr häufig im Urlaub oder kurzen Städtetrips. Allerdings habe ich im Südurlaub noch nie einen Engländer kennengelernt, den ich als "normal" charakterisieren würde. Die "straighten" Typen bleiben scheinbar alle zu Hause oder wohnen in Deutschland.

Über den Naklua-Pöbel habe ich mir leider kein Urteil bilden können.
 
        #57  

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Member hat gesagt:
Ich hoffe, du hast genug Ausdauer, ich will alles hören :yes:

Oh, ich fasse mich noch relativ kurz. Ausdauer ist nicht das Problem, sondern eher die schwindenden Erinnerungen und Mangel an Zeit.

Die kommenden Tage werden jedoch wieder insgesamt etwas bunter für alle weniger begeisterten Leser.
 
        #58  

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Klappstuhl, du hast einen super klasse Schreibstil! Ich verfolge deinen Bericht schon länger, und das Lesen macht einfach Spaß. Du hast einen echt staubtrockenen, genialen Humor, mit dem du dich und die Szene beschreibst. Bitte mach weiter so! :tu:
 
        #60  

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Passt schon, alles klar. Bin halt ein Spielkind und brauche diese Abwechslung. :tu:
 
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